WEICHE-TOR-GALA IN LÜBECK

1. FC Phönix Lübeck – SC Weiche Flensburg 08 1:7 (1:3)

Der 25. September 2021 wird seinen Platz im Geschichtsbuch des SC Weiche Flensburg 08 finden. Der in der Höhe beinahe sensationell anmutende 7:1-Sieg der Schützlinge von Trainer Thomas Seeliger beim 1. FC Phönix Lübeck war der höchste Auswärtserfolg unserer Mannschaft in der nun auch schon zehnten Regionalliga-Saison. Am 9. Spieltag der Nord-Gruppe der Regionalliga Nord gingen die Gastgeber zwar früh in Führung, aber bei typisch herbstlichem Wetter drehte unsere Mannschaft am frühen Sonnabendnachmittag vor 517 Zuschauern, darunter ca. 30 aus Flensburg, im Stadion Buniamshof nicht nur einfach die Partie, sondern sie löschte den 6:1-Sieg beim VfR Neumünster vom extrem kalten 30. November 2014 als bislang höchsten „Dreier“ in der Fremde. Während ein etwas ratlos wirkender Daniel Safadi, Trainer des Gastgebers, nach der Partie den Einbruch nach dem 1:1-Ausgleich zu erklären versuchte („Mit dem 1:1-Ausgleich war alles weg. Wir standen zu weit vom Gegner und hatten keinen Zugriff mehr gefunden.“) und die Konzentration auf das anstehende Stadtderby gegen den VfB Lübeck als Grund nicht akzeptieren wollte („Daran lag es nicht.“), freute sich Weiche-Trainer Thomas Seeliger diebisch über den Gala-Auftritt: „Wir haben das als Team klasse gemacht und uns belohnt, weil wir es auch bis zur letzten Minute zu Ende gespielt haben.“

In der Anfangsformation gab es gegenüber dem 3:1-Heimsieg gegen Heide aus der Vorwoche lediglich eine Änderung. Neu rutschte der wieder genesene Kevin Schulz für Jonas Walter in die Startelf. Außerdem tauschten Torge Paetow und Torben Rehfeldt die Positionen, sodass der Kapitän auf die „Sechs“ vor die Abwehr rückte. Eingewechselt wurden zunächst Ilidio Pastor Santos und Jonas Walter, etwas später Noel Kurzbach sowie schließlich Malte Petersen. Zum Spieltagsaufgebot gehörten zudem Raphael Straub (Tor), Johannes Siregar, Brian Jungjohann und Nils Jungehülsing. Neben den langzeitverletzten Bjane Schleemann und Finn Wirlmann fehlten auch Casper Mols, Nahne Paulsen, Kevin Njie und Nico Empen im 19er Kader des Spieltages. Unser Physiotherapeut Andreas Hansen zeigte sich nach den 90 Minuten ganz entspannt, da es auf Flensburger Seite keine neuen Problemfälle gab.

In der Anfangsphase wirkten die Gastgeber bissiger und engagierter. Noch nicht einmal eine Minute war gespielt, als sich Florian Meyer bereits „Gelb“ abholte, weil er den davon eilenden Arnold Budimbu mit einem Foul stoppen musste (1.). Den ersten Abschluss setzte der Ex-Flensburger Fabian Graudenz aus der Distanz über den Weiche-Kasten (3.). Doch die Warnung kam nicht an. Als Arnold Budimbu auf Rechtsaußen in Szene gesetzt wurde, stiefelte er aus leicht abseitsverdächtiger Position allein auf das Tor von Florian Kirschke zu. Der Lübecker blieb im Abschluss vor dem Weiche-Schlussmann eiskalt, und es hieß 1:0 (7.). Wieder hatte unsere Mannschaft einen Gegentreffer kassiert – aber diesmal hatte sie genügend Zeit, um darauf zu reagieren. Und sie tat es. Sie kam mit zunehmender Spielzeit immer besser in die Partie und zu Chancen. Als Jonah Gieseler die Kugel in den Lauf von Dominic Hartmann legte, hatte unser zentraler Mittelfeldspieler schon den Ausgleich auf dem Fuß, verzog aber etwas überhastet knapp (14.). Wenig später legte Kevin Schulz per Kopf auf Marcel Cornils, dessen Schuss von halblinks ebenfalls nur haarscharf vorbeizischte (16.). Unser Linksaußen sorgte gleich noch zweimal für Gefahr. Nach einem Dribbling von halblinks am Strafraum zwang er mit einem 18-m-Schuss von halbrechts Torhüter Kevin Tittel zu einer Parade (25.); kurz darauf setzte er die Vorarbeit von Torge Paetow etwas überhastet über den Kasten (26.). Zwischendurch musste allerdings unsere Defensive einmal kräftig durchatmen, als Patrick Thomsen einen Schuss von Fabian Graudenz von der Linie kratzte (19.). Insgesamt wirkte die diesmal umgestellte Weiche-Abwehr in den ersten 20 Minuten nicht unbedingt sattelfest, ehe sie zunehmend die Kontrolle über das Geschehen bekam.

Im Nachhinein muss man die beiden Szenen nach knapp einer halben Stunde, mit denen Weiche die Partie drehte, als das Spiel entscheidend ansehen. Erst hatte Jonah Gieseler, der zuvor schon einige gute Szenen auf Rechtsaußen hatte, den Ball erkämpft. Die mustergültige Flanke von Christopher Kramer fast von der rechten Eckfahne köpfte dann Marcel Cornils im Zentrum wuchtig und sehenswert zum 1:1-Ausgleich unter die Latte (27.). Und der Treffer saß! Marcel Cornils ahnte einen zu kurz geratenen Rückpass, irritierte Torhüter Kevin Tittel, der die Szene nicht bereinigt bekam, und der Klärungsversuch von Dustin Thiel misslang völlig, indem er den anlaufenden Marcel Cornils anschoss. Der Ball lag zum 1:2 im Lübecker Netz – ein wahrer Slapstick-Treffer, der für das „Kacktor des Monats“ bei Arndt „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ (Sonntagabend im WDR-Fernsehen) zu nominieren wäre (30.).

Wenngleich bereits Jonah Gieseler, nach Vorarbeit von Christopher Kramer, mit einem satten Schuss aus spitzem Winkel, der vorbei ging, hätte erhöhen können (32.), war die Partie in jener Phase längst noch nicht entschieden. Fabian Graudenz, mit Abstand auffälligster Hansestädter vor allem der ersten Halbzeit, prüfte zweimal seinen ehemaligen Mitspieler Florian Kirschke im Weiche-Tor. Erst lenkte unser Schlussmann den Flachschuss vom linken Strafraumeck nach Vorarbeit von Haris Hyseni um den Pfosten (33.), dann parierte er sicher den 30-m-Freistoß (35.). In die Halbzeitpause ging es dennoch mit einer 3:1-Führung der Gäste. Kevin Schulz hatte auf Linksaußen zu Marcel Cornils gepasst, der viel grüne Wiese vor sich hatte, ungestört bis in den Strafraum laufen konnte, aus acht Metern, halblinke Position, abzog. Torhüter Kevin Tittel parierte, klatschte die Kugel aber direkt vor die Füße von Jonah Gieseler auf halbrechts, der mühelos den Ball im Tor unterbrachte (41.).

Zur Pause nahm Phönix-Trainer Daniel Safadi den bereits verwarnten Haris Hyseni vom Platz, doch neuer Mut kam bei Phönix deshalb nicht auf. Im Gegenteil: Weiche bestimmte die zweiten 45 Minuten beinahe nach Belieben. Eine weitgezogene Flanke von Florian Meyer von links wischte Torhüter Kevin Tittel noch aus dem Dreiangel (53.). Beim folgenden Eckstoß von rechts, getreten von Dominic Hartmann, lief Torge Paetow dem flachen Ball auf dem Elfmeterpunkt entgegen und wurde dabei gefoult. Den fälligen Strafstoß versenkte Christopher Kramer sicher unten rechts zum 1:4 (54.). Nur zwei Minuten später schickte Christopher Kramer Marcel Cornils auf Linksaußen steil, unsere Nummer „10“ ging in Höhe des Strafraums gegen Dustin Thiel ins Dribbling, nach einem Schwenk nach innen schoss er unten links zum 1:5 ein (56.). Dann war Marcel Cornils selbst wieder der Vorbereiter, erneut über links. Seinen Rückpass versenkte Dominic Hartmann locker und ebenso sehenswert oben links zum 1:6 (61.). Verwundert konnte man sich nur die Augen reiben: Hatte Phönix nach dem 4:2-Auswärtssieg in Altona in der Vorwoche nicht erst wieder Hoffnungen geschöpft, in das Rennen um die ersten fünf Plätze zurückkehren zu können? An diesem Nachmittag waren die „Adlerträger“ nun völlig von der Rolle.

Bei einem Kopfball des eingewechselten Michael Kobert nach Freistoß von Fabian Graudenz (65.) und einem Flachschuss von Fabian Graudenz (67.) meldeten sich die Lübecker nochmals im Spiel an. Beide Male verfehlten sie aber den Kasten. Auf der Gegenseite zog der ebenfalls eingewechselte Jonas Walter satt vom Strafraum ab, Tittel klatschte ab, und Jonah Gieseler wurde im Nachsetzen zum Eckstoß geblockt (71.). Schließlich traf Dominic Hartmann krachend die Latte, den Abpraller nahm der überragende Marcel Cornils auf, versenkte die Kugel unten rechts zum 1:7 (83.). Zu jenem Zeitpunkt war Phönix nur noch zu zehnt auf dem Platz. Das Wechselkontingent war erschöpft, als sich Innenverteidiger Dustin Thiel verletzte (72.) und nach kurzem Versuch dann doch endgültig den Rasen verließ (79.). In der Schlussphase war der Frust der heimischen Fans hörbar, die verhaltene Schmähgesänge gegenüber dem ungeliebten Lokalrivalen anstimmten (84.). Nachdem Torge Paetow aus der Distanz Kevin Tittel zu einer dankbaren Parade zwang (88.), hatte Phönix die Lehrstunde überstanden, zumal der Unparteiische überpünktlich das inzwischen ungleiche Duell beendete. So blieb es beim 7:1 – höher gewann Weiche in der Regionalliga selbst im eigenen Manfred-Werner-Stadion noch nicht. Da gab es einen 7:1-Sieg am 4. Oktober 2014 gegen FT Braunschweig.

Phönix hatte in Fabian Graudenz seinen mit Abstand auffälligsten Akteur. In der Anfangsphase war auch Arnold Budimbu auf Rechtsaußen gefährlich. Bei unserer Mannschaft ragte zweifellos Marcel Cornils mit vier Treffern und zwei Torvorlagen heraus. Außerdem zeigte Patrick Thomsen in der Defensive eine Top-Leistung, doch muss – wie Thomas Seeliger herausstellte – die gesamte Mannschaftsleistung hervorgehoben werden.

Am kommenden Freitag, 1. Oktober 2021, erwartet unsere Mannschaft im Manfred-Werner-Stadion die SV Drochtersen/Assel. Die Partie des 10. Spieltages wird unter Flutlicht um 19 Uhr angepfiffen.

Weiche: Kirschke – Herrmann, Rehfeldt, Thomsen, F. Meyer (V/62. Pastor Santos) – Paetow (Kap.), K. Schulz (62. Walter), Hartmann – Gieseler (76. Petersen), Kramer (70. Kurzbach), Cornils.

Tore: 1:0 Budimbu (7.), 1:1 Cornils (27.), 1:2 Cornils (30.), 1:3 Gieseler (41.), 1:4 Kramer (54., Strafstoß), 1:5 Cornils (56.), 1:6 Hartmann (61.), 1:7 Cornils (83.).

Zuschauer: 517, darunter etwa 30 Flensburger im Stadion Buniamshof, Lübeck-Altstadt.

Schiedsrichter: Alexander Roppelt (VfL Bad Schwartau), war schnell mit den (berechtigten) Karten zur Stelle, kam mit vier Verwarnungen – davon drei für Phönix (Hyseni nach Foul an Rehfeldt, 17.; Tittel wegen Meckerns, 56.; van Zutphen nach Foul an Cornils, 87. sowie für Weiche an F. Meyer nach Foul an Budimbu, 1.) – aber gut über die Runden.

 

Trainerstimmen:

Unser Trainer Thomas Seeliger freute sich riesig, relativierte aber zunächst: „Wir sind nicht gut ins Spiel gekommen, waren im Defensivverhalten nicht wach, haben den Hebel dann aber umgelegt.“ Der Fußballlehrer weiter: „Wir haben das als Team klasse gemacht und uns belohnt, weil wir es auch bis zur letzten Minute zu Ende gespielt haben.“ Er zeigte sich sehr zufrieden, zumal wir uns „die letzten beiden Spiele gegen Phönix schwer getan haben.“ „Diesmal konnte ich ganz entspannt die zweite Halbzeit verfolgen, ohne dass der Puls hochfahren musste“, so Thomas Seeliger weiter, der zwar Marcel Cornils besonders hervorhob, aber unbedingt die geschlossene Mannschaftsleistung gewürdigt wissen wollte.

Phönix-Trainer Daniel Safadi meinte: „In den ersten 20 Minuten hatte ich das Gefühl, das Spiel im Griff zu haben. Wir gehen auch verdient in Führung. Aber mit dem 1:1-Ausgleich war alles weg.“ Man habe dann zu weit vom Gegner gestanden und keinen Zugriff mehr gehabt. Da sei man in das Muster vom Spiel in Altona gefallen. „Anfangs hatten wir Chancen, haben es jedoch nicht zu Ende gebracht“, so der Trainer enttäuscht, der mit Blick auf das anstehende Stadtderby gegen den VfB anmerkte: „Es bleibt nicht viel Zeit, über das heutige Spiel nachzudenken. Es ist ein besonderes Spiel, das nächste Woche auf uns zukommt. Aber daran lag es heute nicht.“